In Deutschland sind Kreditinstitute verpflichtet, bei jedem Darlehensangebot nicht nur den Sollzins, sondern auch den Effektivzins – auch bekannt als effektiver Jahreszins oder Jahreseffektivzins – deutlich anzugeben. Dadurch können Kreditsuchende die tatsächlichen Gesamtkosten eines Kredits effektiv vergleichen – vorausgesetzt, sie verstehen die Bedeutung der beiden Zinssätze.
In Kürze:
- Sowohl der Sollzins als auch der effektive Jahreszins helfen dabei, die Kosten eines Kredits qualifiziert zu bewerten.
- Der Sollzins gibt die reinen Zinskosten an, die Kreditnehmer*innen für den geliehenen Betrag zahlen.
- Bei vielen Krediten fallen jedoch weitere Gebühren an.
- Der effektive Jahreszins berücksichtigt diese Zusatzkosten und spiegelt daher die tatsächliche finanzielle Belastung präzise wider.
Der Sollzins
Im Zuge der Überarbeitung der Verbraucherkreditrichtlinie im Juni 2010 wurde der Begriff „Nominalzins“ durch „Sollzins“ ersetzt. Dieser Zinssatz repräsentiert die Grundverzinsung eines Darlehens. Zusätzlichen Faktoren wie Laufzeitverrechnung, Vermittlungsgebühren oder spezielle Kosten für Zahlungsmethoden werden dabei nicht berücksichtigt.
Die Höhe des Sollzinses bei einem Kredit wird von mehreren Faktoren beeinflusst. Grundsätzlich wird der Zinssatz für einen Kredit an den aktuellen Leitzinsen ausgerichtet, sowohl auf nationaler Ebene bei den einzelnen Banken als auch bei der Europäischen Zentralbank. Ein Anstieg der Leitzinsen führt normalerweise dazu, dass Kreditinstitute einen höheren Sollzins festsetzen.
Doch die Höhe der Zinsen hängt auch von der persönlichen Situation des Antragstellers ab. Neben dem Einkommen spielt vor allem die Bonität des Kreditnehmers eine wichtige Rolle. Generell gilt: Ein niedriger Bonitäts-Score führt oft zu einem höheren Sollzins.
Was bedeutet der Sollzins in der Praxis?
Obwohl der Sollzins nur einen Teil der Gesamtkreditkosten ausmacht, ist er dennoch ein hilfreicher Indikator für den Kreditvergleich. Die Kosten eines Kredits lassen sich berechnen, indem man den Sollzins zu der Kreditsumme addiert.
Konkret bedeutet es folgendes: Angenommen, der Sollzins beträgt fünf Prozent pro Jahr. Bei einem Kredit von 5.000 Euro würden die Kosten am Ende 5.250 Euro betragen, wenn der Kredit innerhalb eines Jahres komplett zurückgezahlt wird. Bei einer längeren Laufzeit wird die Berechnung des Sollzinses komplexer.
Die Auswirkungen des fünfprozentigen Sollzinses variieren je nachdem, wie und wann Sie die Raten des Kredits zurückzahlen. Jedes Jahr entstehen erneut fünf Prozent Sollzinsen auf den verbleibenden Betrag, bis die gesamte Kreditsumme beglichen ist. Das bedeutet, bei einer Laufzeit von zwei Jahren zahlen Sie zweimal fünf Prozent. Dadurch übersteigen die Gesamtkosten bei längeren Laufzeiten die anfänglich kalkulierten 5.250 Euro.
Ein Vorteil hierbei: Mit jeder Tilgung reduziert sich Ihre Restschuld, wodurch auch die Grundlage, auf die der Sollzins angewendet wird, sich verkleinert.
Der Effektivzins im Kreditgeschäft
Mithilfe des Effektivzins lassen sich die jährlichen Gesamtkosten einer Finanzierung abbilden. Die genaue Berechnung dieses Zinssatzes ist durch die EU-Verbraucherkreditrichtlinie definiert. Die Pflichtangabe des Effektivzinses erleichtert es Verbrauchern, die tatsächlichen Darlehenskosten besser zu überblicken und zu vergleichen. Dieser Zinssatz beinhaltet nicht nur den Sollzins, sondern auch zusätzliche Kosten wie Vermittlungs- und Bearbeitungsgebühren.
Im Falle variabler Zinssätze, bei denen die Bedingungen nicht für die gesamte Laufzeit feststehen, spricht man vom anfänglichen Effektivzins. Dieser kann über die Laufzeit hinweg variieren.
Die Höhe des Effektivzinses wird durch den Sollzins, sowie durch die Tilgungsmodalitäten, die Dauer der Zinsfestschreibung und der Auszahlungskurses bestimmt. Insbesondere kann ein Disagio den Zinssatz beeinflussen.
Der effektive Jahreszins und seine Grenzen
Der Effektivzins berücksichtigt zwar die obligatorischen Kosten eines Kredits, jedoch nicht alle Ausgaben. Optionale Zusatzleistungen, die der Kunde eigenständig auswählt, sind hier nicht einbezogen. Dazu zählen Kosten für eine Restschuldversicherung, Kontoführungsgebühren sowie mögliche Aufwendungen für Sondertilgungen, Bereitstellungszinsen und Schätzgebühren. Diese zusätzlichen Ausgaben müssen separat beim Vergleich mehrerer Kreditangebote in Betracht gezogen werden.
Einflussfaktoren auf den Effektivzins
Seit der Implementierung der Verbraucherkreditrichtlinie im Jahr 2010 sind Banken dazu verpflichtet, den effektiven Jahreszinssatz anzugeben. In die Berechnung des Effektivzinses fließen diverse Faktoren ein:
- Der Sollzinssatz
- Die Höhe des Kredites
- Die Dauer der Zinsfestschreibung
- Der Tilgungssatz
- Das Disagio, beziehungsweise der Auszahlungskurs zum Zeitpunkt der Kreditvergabe
Seit einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Jahr 2014 sind Kreditbearbeitungsgebühren nicht mehr zulässig und beeinflussen somit den effektiven Jahreszins nicht.
Effektivzinssatz und Bonität
Banken legen bei der Ermittlung des Effektivzinssatzes Ihre Zahlungsfähigkeit zugrunde. Diese ergibt sich unter anderem aus Ihrem Einkommen, regelmäßigen Einnahmen und Ausgaben sowie zusätzlichen Sicherheiten. Ebenso spielt Ihr SCHUFA-Score eine Rolle. Das Angebot für den effektiven Jahreszins fällt günstiger aus, wenn die Bank Ihre Kreditwürdigkeit höher einschätzt.
Daher ist es gar nicht so leicht, bonitätsabhängige Zinssätze zu vergleichen. Um diesem Umstand zu begegnen, schreibt der Gesetzgeber vor, dass bei Werbung für Ratenkredite mit bonitätsabhängigen Zinsen stets ein 2/3-Zinssatz angegeben werden muss. Dieser dient dazu, anhand eines Beispiels zu verdeutlichen, welchen Effektivzinssatz zwei Drittel der Kreditnehmer angeboten bekommen.
Zusätzliche Gebühren neben dem Effektivzins beachten
Der alleinige Blick auf den Sollzins bietet Verbrauchern nur eingeschränkte Optionen, diverse Kreditangebote objektiv zu vergleichen. Daher wurde in Deutschland der Effektivzins oder effektive Jahreszins eingeführt. Obwohl der effektive Jahreszins viele Kosten eines Kredits abdeckt, sind nicht alle anfallenden Gebühren darin enthalten. Zusätzliche Kosten entstehen beispielsweise durch eine Restschuldversicherung, mögliche Kontoführungsgebühren oder eine Option für Sondertilgungen. Daher ist es wichtig, bei einem Kreditvergleich nicht nur den Effektivzins, sondern auch diese Nebenkosten zu prüfen und separat zu vergleichen.
FAQ – Sollzins und effektiver Jahreszins
Der Sollzins bezeichnet nur die reine Verzinsung des Darlehens ohne Einbeziehung zusätzlicher Kosten. Im Gegensatz dazu berücksichtigt der Effektivzins neben dem Sollzins auch weitere Kosten. Dies ermöglicht eine realistische Einschätzung der Gesamtkosten eines Kredits.
Der Effektivzins bietet eine ganzheitliche Abbildung der Kreditkosten, da er neben dem Sollzins auch zusätzliche Ausgaben berücksichtigt. Dies ermöglicht einen objektiven und genauen Vergleich mehrerer Kreditangebote.
Ja, der Effektivzins deckt nicht alle Gebühren ab. Zusätzliche Kosten, wie für eine Restschuldversicherung, Kontoführungsgebühren oder Sondertilgungsoptionen, sind im Effektivzins häufig nicht enthalten.
Die Bonität ist ausschlaggebend dafür, welchen Zinssatz Sie von der Bank angeboten bekommen. Sie wird anhand von Einkommen, Finanzsituation und der SCHUFA-Auskunft beurteilt. In der Regel führt eine gute Bonität zu besseren Konditionen.
Der gesetzlich vorgeschriebene 2/3-Zinssatz zeigt an, welchen Effektivzinssatz zwei Drittel der Kreditnehmer von der Bank erhalten. Seine Verwendung erhöht die Transparenz bei bonitätsabhängigen Zinsen und hilft Verbrauchern, eine realistische Vorstellung der möglichen Kreditkosten zu gewinnen.